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Viel Alarm, wenig Information

 

Seit einigen Wochen wird in den verschiedenen Medien über Hüftprothesen mit Metall-Metallgleitpaarungen (MMG) berichtet. Ausgelöst wurde die Berichterstattung durch einen Artikel im British Medical Journal (BMJ)(1), der sich auf das Prothesenregister von England und Wales 2003-2010, und auf einen „Medical Device Alert“ der MHRA (Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency) vom 28. Februar 2011 beruft.

Obwohl die Aussagen im Prothesenregister und die Aussagen der Britischen Behörden differenziert sind, zeichnet sich die Berichterstattung durch grobe Verallgemeinerungen, Irreführungen, unvollständige und einseitige Quellenangaben und Unterschlagung von nicht genehmen Ergebnissen aus.

Es wird dem betreffenden Patienten suggeriert, dass alle Hüftprothesen mit einer MMG ein ernstes gesundheitliches Problem für sie bedeuten.

Dieser unsachliche Tenor wurde von den Printmedien und den Fernseh- und Rundfunkanstalten ungeprüft übernommen und selbsternannte Experten verunsicherten Tausende von Patienten, da sie die eigentliche Problematik der verschiedenen Prothesenarten, Modelle, Größen und Materialien nicht kennen.

Die relevanten Unterschiede im Design(2-4) und in der Metallurgie(5) zwischen den einzelnen MMG beim Oberflächenersatz und bei modularen Totalendoprothesen (TEP) auch der Kopf-Schaftverbindung werden gar nicht erwähnt und mit den Risiken und Komplikationen in Verbindung gebracht. Auf die Bedeutung einer korrekten Indikationsstellung und Operationstechnik wird gar nicht eingegangen, obwohl in der Fachliteratur wiederholt auf deren Bedeutung hingewiesen wurde(6-10).

Welche Risiken werden besonders betont?

1. Chromosomenaberrationen

 

Aneuploidie und Translokation treten spontan zunehmend mit dem Alter auf. Ihre Häufigkeit unterliegt vielen Einflüssen wie z.B. Alter und Rauchen. Metallionen wie Co, Cr und Ti führen, wie auch Keramikpartikel, zu einer Zunahme der Aneuploidie und der Translokation in jeweils unterschiedlichem Ausmaß aber ähnlicher Größenordnung.(11;12)

Cohen(1) weist in diesem Zusammenhang auf eine Publikation aus dem Jahr 1969 hin, die bei zwei Ratten eine Tumorbildung nach Injektion von Abriebpartikeln von CoCr beschreibt, die von Knie- und Hüftprothesen stammten. Die Autoren folgern, dass es gegenwärtig nicht möglich ist, sicher zu sein, dass sie (CoCr) völlig harmlos sind(13). Auch 40 Jahre später sind offenbar die vermuteten Risiken nicht eingetreten, denn bis zum Jahr 2012 sind mehrere große Studien veröffentlicht, von denen keine zu dem Ergebnis kam, dass ein erhöhtes Risiko für bösartige Erkrankungen besteht.(12;12)

Eine im BMJ im April 2012 veröffentlichte Studie zeigt, dass die Häufigkeit von Krebserkrankungen nach Hüftgelenksersatz niedriger ist als bei der altersentsprechenden Normalbevölkerung und dass bei MMG die Inzidenz eher niedriger ist als bei anderen Gleitpaarungen(14), ohne dass die Unterschiede statistisch signifikant sind. Gillespie et al.(15) beschreibt das bestimmte, seltene Tumore des lymphatischen und haematopoetischen Systems häufiger sind, die verbreiteten Krebserkrankungen aber seltener. Auf Grund der vielen Variablen lassen seine Ergebnisse keine Schlüsse für ein erhöhtes Risiko zu.

Es gibt keine Veröffentlichung, die einen Zusammenhang zwischen konventionellen Hüftprothesen und Prothesen mit MMG und Tumorerkrankungen herstellt.

Im Protokoll der Sitzung vom 23. März 2006 des „Committee on the Safety of Devices“ (CSD) und MHRA wird Konsens darüber erzielt, dass die Vorteile dieser Implantate real sind, während das diskutierte Risiko theoretisch und jetzt nicht quantifizierbar ist, aber definitiv gering. Zurzeit kann kein nützlicher Rat gegeben werden. Jedoch jede Empfehlung würde das Thema hochspielen, was zu unnötiger Beunruhigung der Betroffenen führen würde.

Diese vorsichtige Bewertung steht im Gegensatz zu der Haltung in den Medien, die wie z.B. in der Süddeutschen Zeitung vom 1. März 2012 wo unter der Überschrift „Giftige Gelenke“ ein Kollege, der sog. Fachjournalist, Werner Bartens, sich ohne jede Sachkenntnis geradezu polemisch zu diesem Thema äußert und ein erhöhtes Krebsrisiko behauptet.

Jährlich werden in Deutschland über 100.00 Knieprothesen implantiert. Durch die Korrosion der großen Metalloberflächen entstehen Kobalt- und Chromionenkonzentrationen im Blut, die eher höher sind als bei einem korrekt implantierten MM-BHR Oberflächenersatz(16). Haben alle Patienten mit Knieprothesen ein erhöhtes Krebsrisiko?

2. MMG und Schwangerschaft

 

Bei Frauen im gebärfähigen Alter wird empfohlen, eine Prothese mit MMG entweder nach Beendigung der Familienplanung zu implantieren oder nach erfolgter Prothesenversorgung ein Zeitintervall von etwa 2 Jahren abzuwarten, da dann die Metallionenkonzentrationen nach der Einlaufphase niedriger sind. Diese Empfehlung ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, da Studien belegen, dass durch die MMG keine Gefährdung des Kindes besteht(17).

Untersuchungen der Metallionenspiegel bei Schwangeren mit und ohne MM Oberflächenersatz BHR (Birmingham Hip Resurfacing) zeigten im Blut der Nabelschnur keine signifikanten Unterschiede, so dass offenbar eine Regulierung durch die Plazenta erfolgt und so das Kind mit den lebensnotwendigen Spurenelementen Kobalt und Chrom versorgt wird(17;18). Diese Untersuchung widerlegt die Ergebnisse einer Studie mit weniger empfindlichen Messmethoden, die eine Passage von Metallionen zum Kind nicht feststellen konnte(19), was allerdings mit der Lebensfähigkeit des Kindes nicht vereinbar wäre.

Etwa 500.000 Prothesen mit MMG sind seit Ende der 80iger implantiert worden, viele bei Frauen, die Kinder bekommen haben, es gibt keine veröffentlichten Berichte über Missbildungen oder Erkrankungen, die im Zusammenhang mit den MMG stehen. Dies trifft auch für die MMG der früheren Generation (McKee-Farrar, Stanmore, Ring) aus den 60iger und 70iger Jahren zu.

3. Toxizität

 

Die Hauptbestandteile MMG sind Kobalt, Chrom und Molybdän, alle drei sind lebensnotwendige Spurenelemente.

Kobalt:
Man glaubt, dass exzessive Gabe von Kobalt zu einem Kropf führen kann. Um die Gefährlichkeit von Kobalt nachzuweisen muss schon ein eher anekdotischer Fall aus den 60iger Jahren angeführt werden(20). Um die Schaumbildung des Bieres zu verbessern hatten Brauereien in Canada, Nordamerika und Belgien dem Bier Kobalt-Chlorid zugesetzt, da die damals üblichen Detergenzien die Schaumbildung hemmten. Bei hohem Bierkonsum trat daraufhin in einigen Fällen ein Herzversagen durch Cardiomyopathie auf (Cobalt-Beer Drinkers` Disease).

Der Kobaltspiegel ist bei gesunden Menschen etwa 0,2µg/l, je nach Exposition auch etwas höher. Bei korrekt implantierten Prothesen mit der richtigen Metallurgie und einem günstigen Design sind diese Werte auf 0,5µg/l bis etwa 2-3µg/l erhöht, was unbedenklich ist. Werte die etwa 7,0µg/l übersteigen sprechen für eine ungünstige Prothese oder eine Prothesenposition, die tribologisch nachteilig ist. In diesen Fällen ist eine Kontrolle der Patienten erforderlich.

Neben den kardialen Symptomen und der Schilddrüsen Unterfunktion sind z.B. Hör- und Sehstörungen, periphere Neuropathien, Gedächtnisstörungen, Schwindel und andere cerebro-vasculäre Symptome beschrieben(21-23). Diese Störungen sind rückbildungsfähig.

Lokal am Hüftgelenk sind diese Symptome meistens von Weichteilschwellungen und Schmerzen begleitet.

Chrom:
Chrom wird als lebensnotwendiges Spurenelement als Nahrungsergänzungsmittel bei Menschen und Tieren substituiert. Bei Metallimplantaten wird Chrom als Chrom VI aus dem Metall durch Korrosion freigesetzt und im Blut zu Chrom III reduziert. In geringen Mengen wird es in die Zellen aufgenommen. In Zellkulturen wurde gezeigt, dass Cr die DNA schädigen kann(24). Bei Metallimplantaten liegt es als Chrom IIIPhosphat vor(25). Chrom III gilt als nicht kanzerogen, Chrom VI kann durch die stark oxidierende Wirkung genotoxisch und damit kanzerogen wirken.

Molybdän:
Molybdän hat eine kurze Halbwertzeit im Körper, die Spiegel sind deshalb niedrig, es gilt als nicht mutagen nach Untersuchungen an menschlichen Zellkulturen(26).

4. Was zeigen die Nationalen Prothesenregister?

 

In England hat das „National Institute for Clinical Excellence“ (NICE) Richtlinien für die Anwendung von Hüftprothesen erlassen, in denen nur die Anwendung von Prothesen empfohlen wird, deren kumulative Revisionsrate höchstens 10% nach 10 Jahren beträgt.

4a) Im Prothesenregister von England und Wales
(National Joint Registry 8th Annual Report 2011)(27) werden ebenfalls die ungünstigen Ergebnisse der konventionellen Prothesen mit MMG und mit großen Köpfen dargestellt.

In Tab.3.12 werden die kalkulierten Revisionsraten nach Hüftgelenkersatz nach Prothesentypgenannt:

Zementiert: 3,02%, zementfrei : 4,59%, Hybrid: 3,77%, MMP 13,61%, Oberflächenersatz (OEP) 11,81%. Diese inakzeptablen Zahlen für MMP und OEP mit MMG haben zu der Warnung vor der Anwendung dieser Prothesen geführt. Aber auch hier zeigt die Aufschlüsselung nach Produkten, dass nicht alle diese Prothesen schlechte Ergebnisse aufweisen. Es geht aus der Tabelle auch nicht hervor, mit welchen Schäften bzw. mit welchem Konus die Köpfe benutzt wurden.

Tab.3.24 zeigt die Revisionsraten (incl. Infektionen) verschiedener OEP nach 5 Jahren.

Die Werte reichen von 3,44% (BHR) bis 9,63% (ASR), die anderen Produkte weisen Werte dazwischen auf.

Vergleicht man den Wert der BHR mit den Revisionsraten anderer Gleitpaarungen nach ebenfalls 5 Jahren, dann erscheint der Unterschied wenig dramatisch. Tab.3.10: M-P 2,59%, K-K 3,37%, K-P 2,66%.

Vergleicht man den Wert mit den Revisionsraten anderer Prothesentypen nach 5 Jahren: in Tab.3.20, dann ist die Revisionsrate der BHR zwar höher, der Unterschied ist aber nicht wesentlich. Zementiert: 1,41%, zementfrei: 2,95%, hybrid: 1,96%

4b)
National Joint Replacement Registry der Australian Orthopaedic Association von 2011
Es werden die Ergebnisse der Endoprothesen nach bis zu 10 Jahren erfasst.

196.528 konventionelle Prothesen (KP) und 14.298 Oberflächenersatzprothesen (OEP)

Die jährliche kumulative prozentuale Revisionsraten bei Arthrosen nach 10 Jahren war bei OEP mit 7,7% höher als bei KP mit 6,4%. Beide Werte liegen deutlich unterhalb des Grenzwertes von 10%.

Diese Angabe ist sehr pauschal, weil zementierte und nicht zementierte Prothesen, unterschiedliche Gleitpaarungen und alle Altersgruppen und Diagnosen der Patienten zusammengefasst werden.

Um die Qualität der MMG zu beurteilen, ist deren Revisionsrate im Vergleich zu anderen Gleitpaarungen entscheidend.

Die Tab. HAT32 zeigt die Revisionsraten verschiedener GP nach 10 Jahren. K-K hat mit 5,4% die geringste, Keramik (C)- Polyäthylen (PE), MM und M-PE haben mit 8,2%, 8,8% und 7,1% höhere Werte.

In der Tab. HT34 werden Ergebnisse der Gleitpaarungen in Abhängigkeit von der Kopfgröße < 32mm und > 32mm dargestellt. Es zeigt sich, dass bei C-C größere Köpfe weniger Revisionen nach 7 Jahren aufweisen, während bei M-M das Gegenteil der Fall ist.

Tab. 36 zeigt, dass nach 7 Jahren MM < 28 mm 4,5% Revisionen beobachtet wurden, bei über > 40 mm 10,4%.

Dieser Unterschied zeigt, dass nicht die MMG ursächlich sein kann für die zunehmende Revisionsrate, weil es bei den OEP genau umgekehrt ist. Große Köpfe zeigen weniger Komplikationen. Auf die Unterschiede bei einzelnen Herstellern wird nicht eingegangen. (s. Diskussion)

In Tab.74 wird dargestellt, dass nach 7 Jahren Köpfe < 44 mm eine Revisionsrate von 15% haben, während bei >55mm die Revisionsrate 3,5% beträgt.

Diese Zahlen schließen alle Hersteller von MMP ein.

Die Tab. 78 zeigt die enormen Unterschiede zwischen einzelnen Produkten. Die Revisionsraten nach 7 Jahren liegen zwischen 5,0% und 13%. Alle Kopfgrößen eingeschlossen. Die 5,0% gelten für die Orginalprothese von McMinn, die einzige, für die schon 10jahresergebnisse mit 6,3% vorliegen.

Veröffentlichte klinische Studien:

Zum BHR-Oberflächenersatz, der nicht verallgemeinernd mit anderen OEP zusammen beurteilt werden kann, liegen zahlreiche Studien vor. Die Ergebnisse entsprechen bei allen den Kriterien, die vom NICE vorgegeben wurden (s.o.)

Carrothers et al(28) berichtet über die Ergebnisse von 5000 Operationen durch 141 Operateure nach 7,1 Jahr. Die Untersuchungsergebnisse eines unabhängigen Institutes zeigten eine Revisionsrate von 3,6%, in nur 0,3% wurden Gewebereaktionen auf Metallabrieb festgestellt.

Della Valle et al.(29) berichtet über 537 Operationen von 89 Chirurgen nach der FDA-Zulassung der BHR in den USA und deren Frühergebnisse. Von den 14 Revisionen (3,1%) waren 10 durch Schenkelhalsfrakturen bedingt.

Steffen et al.(30) berichten über 610 Ergebnisse von 532 Patienten nach fünf bis sieben Jahren. Gründe für die 23 Revisionen (3,8%) waren bei 12 Patienten Schenkelhalsfrakturen. In drei Fällen (0,5%) war eventuell Metallabrieb ursächlich.

Treacy et al(31) berichten über 5-Jahresergebnisse von 144 Patienten. Nach 5 Jahren betrug die Überlebensrate 98% für alle Gründe zur Revision, 99% für Revisionen bei aseptischer Lockerung.

Nishii et al(32) berichten über 50 BHR bei 46 Patienten mit einem hohen Anteil von 70% Dysplasiecoxarthrosen mit erhöhtem Risiko. Die Überlebensrate betrug nach 5 Jahren 96%.

Heilpern et al.(33) untersuchten 98 Patienten mit 110 BHR Prothesen nach 71 Monaten. Vier Revisionen waren notwendig, Überlebensrate 96,3%.

Khan et al.(34) berichten über eine Multicenterstudie, die sechs Länder und etwa 50 Operateure mit 679 BHR bei 653 Patienten einschloss. Die kumulative Überlebensrate nach 8 Jahren betrug 95,7%, die häufigste Komplikation war die Schenkelhalsfraktur.

Raman et al. stellen Ergebnisse von 329 BHR bei 302 Patienten nach 6,6 Jahren (5,0 – 9,2 Jahre) vor. Die Überlebensrate für Revisionen aus allen Gründen betrug 96,5%, sie war bei Männern höher als bei Frauen.

Madhu et al.(35) fanden nach 7 Jahren (5,0 – 9,4 Jahre) eine geringere Überlebensrate von 91,5% bei 101 Patienten mit 117 BHR. Ursache sind 8 Schenkelhalsfrakturen d.h. bei 6,8%.

Reito et al.(36) stellte eine kumulative Überlebensrate von 96,7% nach sechs Jahren bei 126 Patienten mit 144 BHR fest. Von den 4 Revisionen betrafen zwei Frauen mit einer Reaktion auf Metallabrieb (ALVAL), bei beiden bestand eine Fehlstellung der Pfanne.

Su et al.(51) fanden nach fünf Jahren eine Überlebensrate von 97,6%, 94,7% bei Frauen, 98,6% bei Männern.

McMinn et al.(37) veröffentlichte seine Ergebnisse von 1997 -2009 mit 3.095 BHR, die von einem unabhängigem Institut erhoben wurden. Alle Diagnosen und Altersgruppen waren eingeschlossen, die 68 Revisionen (2,2%) bedeuten eine Überlebensrate von 99, 97 und 96% nach fünf, zehn und 13 Jahren. Bei Patienten jünger als 55 Jahre mit Arthrosen ist die Überlebensrate 99 und 98% nach zehn und 13 Jahren. Der Kollaps des Hüftkopfes war die häufigste Komplikation (0,8%♂ und 0,9%♀), Schenkelhalsfrakturen waren selten (0,4%♂ und 0,5%♀). Alle Reaktionen auf Metall (ARMeD) (0,3%) fanden sich bei Frauen.

Daniel et al.(52) vom McMinn Centre fanden für alle Patienten eine Überlebensrate der Prothese von 97,4% nach 10 Jahren und 95,8 nach 15 Jahren. Für Männer war die Überlebensrate 98%, für Frauen 91,5 nach 15 Jahren.Bezogen auf die Diagnosen, zeigten sich die günstigsten Ergebnisse bei primären Arthrosen. Eine höhere Revisionsrate fand sich bei Dysplasiecoxarthrosen und Hüftkopfnekrosen. Das trifft auch für Standardprothesen zu.

 

Kommentar:
Die Ergebnisse der Register zeigen einen scheinbaren Widerspruch. Bei OEP haben große Köpfe deutlich bessere Ergebnisse als kleine, bei den konventionellen Prothesen ist es umgekehrt. In der Literatur wurde schon vor geraumer Zeit dieser Umstand beschrieben und erklärt. Es zeigte sich bei konventionellen Prothesen mit großen Komponenten ein signifikant erhöhter Metallionenspiegel als bei OEP mit der identischen Gleitpaarung und eine höhere Revisionsrate. Die Ursache kann nur an der konischen Steckverbindung zwischen Kopf und Pfanne liegen, die es bei OEP nicht gibt(38-40). Der Konus der Prothesenschäfte war für Hüftköpfe mit 28 mm Durchmesser bestimmt und deshalb kurz und der Hals schlank damit ein möglichst großer Bewegungsumfang erreicht wird. Dieser Konus ist für die großen Köpfe mit Durchmessern bis 58 mm unterdimensioniert. Durch die erheblichen Mehrbelastungen bei langem Hebelarm entstehen Mikrobewegungen die Abrieb und Korrosion verursachen.

Die Folgen sind eine hohe Belastung des Gewebes mit Metallpartikeln, die wie alle Partikel eine Gewebereaktion hervorrufen, die zu folgenreichen Schäden an Knochen und Weichteilen führen(41).

Die unterschiedlichen Ergebnisse bei OEP lassen sich deshalb auf unterschiedliche Mengen von Abrieb zurückführen. Die Metallurgie und das Design der Prothese sind ein bestimmender Faktor für den klinischen Erfolg(42-44).

Vermehrter Abrieb kann auch dadurch entstehen, dass der für Hart-Hart-Paarungen notwendige Schmierfilm im Gelenkspalt nicht entsteht, weil zum Beispiel bei einer Steilstellung der Pfanne eine Kantenbelastung auftritt. So fanden denn auch die anfangs alarmierenden Befunde über eine Häufung von Weichteilschäden (Pseudotumore, ARMED, adverse reaction to metal devices)(45-47) eine Erklärung in vermehrtem Abrieb bei Fehlstellung der Pfanne)(7;9;48;49). Ein Prothesenversagen ist also selten schicksalhaft, was durch die in klinischen Studien gezeigte „Lernkurve“ belegt wurde(7;49;50) und besonders durch die Ergebnisse von McMinn selber(37), besonders die anfangs gefürchtete Schenkelhalsfraktur als häufigste Komplikation ist mit zunehmender Erfahrung sehr selten geworden.

Der Oberflächenersatz stellte ein völlig neues, anspruchsvolles Operationsverfahren dar, für die meisten Operateure mit einem neuen Zugang zum Hüftgelenk. Die Misserfolge, die deshalb anfangs vermehrt auftraten, belasten heute noch die Statistiken. Die konventionellen Prothesen werden seit etwa 60 Jahren in fast unveränderter, inzwischen in einer perfektionierten und routiniert angewendeten Technik, implantiert.

Das bedeutet, dass die aktuell durchgeführten OEP sicher bessere Ergebnisse aufweisen werden, als sie zurzeit in den Prothesenregistern erhoben werden.

Konventionelle Prothesen mit großen Metall-Metallkomponenten sollen deshalb nicht implantiert werden bis eine zuverlässige Verbindung zwischen Kopf und Prothesenhals verfügbar ist.

Die OEP mit einem erprobten Design (Spaltweite und Überdachung) und einer abriebarmen Metall-Metallgleitpaarung (hoher Kohlenstoffgehalt, as cast, also ohne Wärmebehandlung) ist bei korrekter Indikation und Operationstechnik auch heute noch eine sehr gute Option besonders für den männlichen aktiven Patienten.

In einer Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) und der Arbeitsgemeinschaft Endoprothetik wird im April 2012 festgestellt:

„Ein Blick in die nationalen Prothesenregister (zum Beispiel Australien) zeigt, dass es offenbar Unterschiede in der Standzeit verschiedener Metall-Metall-Paarungen gibt. Immerhin sind einige dieser Paarungen bereits 20 Jahre `auf dem Markt` und weisen unter Berücksichtigung geeigneter Indikation sowie korrekter Versorgungstechnik sehr gute Ergebnisse auf.“

Es besteht also kein Anlass auf Grund der Berichterstattung in den Medien, das „Kind mit dem Bade auszuschütten“.

 

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